Reger Radverkehr an einem sonnigen Morgen in Wien.

„Motor bin ich selbst“

Die Forderung nach mehr und breiteren Radwegen, ein Fahrrad-Corso im Prater, Verteilungskonflikte um den Stadtraum, spezielle Radfahrmode, Radfahren als Stadtgespräch – ich spreche hier nicht von der Gegenwart, sondern von den 1890er-Jahren. Der damalige Radfahrboom zeigt faszinierende Parallelen zum aktuellen Situation. Ein Artikel von Bernhard Hachleitner

Cover: Motor bin ich selbst

Cover: Motor bin ich selbst

Am Radfahrer-Blumencorso am 27. Mai 1897 im Prater etwa  nahmen 4.000 Radfahrerinnen und Radfahrer teil. Der Wiener RADcorso am 13. Juni hat also ein großes Vorbild.
Zu den begeisterten Radfahrern der 1890er-Jahre dieser Zeit gehörte übrigens Arthur Schnitzler, der auch viele seiner Freunde zum Radeln motovierte – darunter Olga Waissnix, Hugo von Hofmannsthal und Theodor Herzl. Anders als heute war Radfahren aber noch ein kostspieliges Vergnügen, das nur für Adelige und Bürgerliche leistbar war. In den 1890er-Jahren stiegen in Wien auch viele Frauen auf das Fahrrad. Sie wurden anfeindet, waren Zielscheibe bösartiger Karikaturen, setzten sich aber durch. Radfahren befreite aus so manchem Korsett – konkret wie metaphorisch.

 

 

 

Blumencorso: Archiv Michael Zappe

Blumencorso: Archiv Michael Zappe

Die Hochblüte der frühen 1890er Jahre ist aber nur ein Teil des Buchs „Motor bin ich selbst. 200 Jahre Radfahren in Wien“. Das Buch begibt sich auf die vielfältigen Spuren der Geschichte und Geschichten des Radfahrens und seiner Akteurinnen und Akteure. Es spannt den Bogen von dem vergeblichen Versuch von Karl Freiherr von Drais in Wien ein Patent für sein Laufrad zu erlangen, über die Hochradära bis in die Gegenwart. Das Buch versammelt Beiträge von 21 Autorinnen/Autoren und Abbildungen aus öffentlichen und privaten Sammlungen. Exponate aus der Plakatsammlung der Wienbibliothek zeigen das Fahrrad nicht nur als Fortbewegungsmittel, Freizeitaccessoire und Sportgerät, sondern ebenso als High-Tech-Vehikel oder Mittel der politischen Agitation.

Motor bin ich selbst. 200 Jahre Radfahren in Wien. Eine Veröffentlichung der Wienbibliothek im Rathaus. Hg. Von Bernhard Hachleitner, Matthias Marschik, Rudolf Müllner und Michael Zappe. Wien 2013. Metroverlag

1 Kommentar

sagte am 07.04.2015, 13:10:
fitflop
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