Am Rad bestimme ich das Tempo – Laura Huter, 31 Jahre, 1150 Wien – Meiselmarkt

Wenn Laura Huter ihre Wohnung beim Meiselmarkt im 15. Bezirk verlässt, hat sie mit ziemlicher Sicherheit ein Fahrrad an ihrer Seite. Im Gespräch erzählt sie uns von den Höhen und Tiefen des Radfahrens in Wien, von Rad-Buddys und Rad-Machos und was sie an Fahrrädern besonders liebt.

Egal ob sie auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz am Schottenring, zum Eisessen auf den Schwedenplatz oder zur Rennradradausfahrt an den Stadtrand ist. Für Laura bedeutet Radfahren vor allem Spaß, Flexibilität und eine ganz besondere Lebensqualität in der Stadt. Sie liebt es, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf dem Rad zu erleben – ob gemütlich mit dem Stadtrad über den Ring, oder sportlich mit dem Rennrad auf der Donauinsel – besonders gefällt ihr dabei, dass sie selbst über ihr Tempo bestimmen kann und dabei die Stadt ganz individuell erlebt.

„Radfahren ist extrem planbar und perfekt für unpünktliche Menschen“.

Oft radelt die Key Account Managerin auch zu einem ihrer Geschäftstermine in die Stadt. Es geht ihr dabei vor allem um die Zeitersparnis und die Bewegung. „Ich bin absolut kein Morgenmensch, aber nachdem ich in der Früh 20 Minuten auf dem Rad gesessen bin, fühle ich mich bereit für den Tag und habe außerdem schon ein wenig Sport gemacht“, erzählt sie uns. „Mit dem Rad brauche ich von Tür zu Tür 15 plus-minus ein paar Minuten in die Arbeit. Die Öffis sind da weniger zuverlässig, weil ich immer einen Sicherheitspolster für Verspätungen und dergleichen einplanen muss. Mit dem Auto bräuchte ich in der Früh mehr als doppelt so lang.“

Radfahren in der Stadt war für Laura Huter, obwohl sie gebürtige Wienerin ist, nicht immer selbstverständlich. Sehr hilfreich war am Anfang ein fahrradbegeisterter Freund. Mit ihm gemeinsam fuhr sie Kaffee trinken und er begleitete sie sogar auf ihrem Weg zur Arbeit. Nach und nach lernte sie die wichtigsten Routen durch die Stadt kennen und gewann an Selbstvertrauen.

„Jeder sollte einen Rad-Buddy haben, der einem das Fahren in der Stadt zeigt und dabei hilft Unsicherheiten zu überwinden – bei mir hats das voll gebracht.“

Seit damals spielt die 31-Jährige selbst oft „Buddy“ und bringt ihrem Freundeskreis das Radfahren näher. „Letzten Sommer ist eine Freundin nach Wien gezogen. Zuerst haben wir ihr Rad fit für die Stadt gemacht und eine neue Klingel angeschraubt, dann haben wir gezieltes Bremsen und Spur halten geübt. Im Anschluss habe ich ihr dann die besten Radwege und das richtige Verhalten an Kreuzungen gezeigt. Danach sind wir dann gemeinsam mit dem Rad ins Schwimmbad, Shoppen oder Eis essen gefahren.

Laura Huter liebt ihre Räder

Kleine Handgriffe und Reparaturen tätigt sie daher auch gerne selbst. „Über die Jahre lernt man eine Bremse und eine Schaltung einzustellen oder einen Reifen zu flicken. Gerne würde ich aber auch noch mehr lernen und daher einen Radreparaturkurs machen. „Bisher kam das leider noch nicht zu Stande, aber in den nächsten Jahren möchte ich da auf jeden Fall noch besser werden“.

„Ein Rad muss mir gehören und eine persönliche Note haben“

Dass Laura Huter Fahrräder liebt, merkt man im Gespräch schon nach wenigen Sekunden. „Wenn ich irgendwo in der Stadt ein Rad über Wochen unbenutzt herum stehen sehe, tut es mir leid. Ich kann kaum mit ansehen, wenn ein schöner alter Rahmen verwittert.“ Sie ist deshalb auch vom Gedanken begeistert, alte Räder in neuen weiterleben zu lassen. „Und wenn es nur eine alte Schraube oder ein Sattel sind, ein Rad braucht für mich eine Persönlichkeit – ich muss das Gefühl haben, dass es mir gehört“. Deswegen legt sie bei ihren Rädern besonderen Wert auf Individualität und besondere Accessoirs und Einzelteile und versucht diese auch in ihren Rädern zu verbauen.

Mit dem Rennrad gehts raus aus der Stadt

Außerhalb der Stadt fährt Laura Huter auch gerne Rennradtouren. In ausgewählten Gruppen macht das besonders Spaß. „Rennradclubs finde ich dennoch irgendwie zu elitär.“ Sie organisiert daher ihre Ausfahrten gerne über Social Media Gruppen. In der Facebook Guppe „MITZI and FRIENDS“ etwa, stehen die Rennradfahrerinnen (Mitzis) im Mittelpunkt. Diese organisieren selber ihre Ausfahrten – Männer können als Friends gerne auch mitfahren.

„Sexismus und Macho-Gehabe sind im Radrennsport ein Thema. Das ‚Von-Oben-Herab‘ finde ich ziemlich nervig. Es ist daher toll, wenn sich Frauen Ausfahrten selber in die Hand nehmen, sich austauschen und organisieren.“

Aufgrund einer Knöchelverletzung konnte Laura Huter längere Zeit nicht mit dem Rad fahren und war oft auf Taxis und Autos angewiesen. In dieser Zeit hat sie viel erlebt – grantige Taxifahrer, die ständig über Radfahrer lästern und freche Radler, die sich kaum an Verkehrsregeln halten.

„Ein Perspektivenwechsel tut oft ganz gut. Seit dem ich Auto und Rad in der Stadt fahre, bin ich mit beiden Verkehrsmitteln viel sensibler und versuche auf alle zu achten“.

Für Laura sind Sensibilität und Respekt im Stadtverkehr besonders wichtig. „Freundlichkeit und gegenseitige Achtung sind unumgänglich. Wenn dich jemand angrantelt, ist zurückgranteln meist keine Lösung. Freundlichkeit kann da schon eher weiterhelfen. Ein schnelles Lächeln oder ein verständnisvolles Winken, können da schon mehr ausrichten. So lassen sich Konflikte vermeiden!”

Laura Huter ist 31 Jahre alt und hat Slawistik sowie Politikwissenschaften in Wien studiert. Aktuell arbeitet sie im Vertrieb bei karriere.at. In den letzten Jahren hat sie an der WU Executive Academy berufsbegleitend ein Studium im Bereich Marketing und Sales absolviert.

 

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