Rannveig unterwegs

Rannveig über ihr E-Bike: „Ich muss was tun, aber ich schwitze nicht dabei“

Die gebürtige Isländerin Rannveig kam 1982 zum Studium nach Wien. Fast gleich lang begleitet das Fahrrad die frühere Opernsängerin und heutige Universitätsprofessorin für Gesang durch die Stadt. Zur mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien kommt nicht nur Rannveig mit dem Fahrrad, sondern auch viele Kolleginnen, Kollegen und Studierende legen den Weg mit dem Rad zurück. Im Interview erzählt uns Rannveig von ihren liebsten Ausrüstungsgegenständen beim Radfahren, warum sie ihr E-Bike sehr liebt und wie sie sich die Wiener Ringstraße in der Zukunft vorstellt.

Du hast im Vorfeld erzählt, dass du deinen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurücklegst. Wie sieht dein Arbeitsweg aus?

Ich fahre aus dem 17. Bezirk in der Nähe der Ottakringer Brauerei los: Also ich fahre über die Grundsteingasse und Pfeilgasse bis zur Zweierlinie, dann dort rechts die Zweierlinie entlang bis zur mdw. Ich würde sagen, das ist ein relativ langer Weg. Und vor allem auf dem Weg nach Hause geht es ziemlich bergauf. Einige Jahre habe ich einen anderen Unterrichtstandort in Schönbrunn gehabt. Dorthin bin ich vom 17. Bezirk über die Schmelz gefahren, damals noch mit dem normalen Rad. Aber seit fünf oder sechs Jahren habe ich mein E-Bike, das ich über alles liebe. Das ist einfach ein Vergnügen, mit diesem zu fahren. Das kombiniert alles, was ich mir vorstelle an einem Fahrrad. Ich bin schnell, aber nicht zu schnell. Ich muss was tun, aber ich schwitze nicht dabei. Und ich kann den Arbeitsweg mindestens 10 Minuten schneller bewältigen, als wenn ich mit der Straßenbahn fahren müsste. Ich hatte früher eine Jahreskarte für die Wiener Linien, aber seit ich mein E-Bike besitze, habe ich diese aufgegeben. Also ich radle wirklich das ganze Jahr durch. Schnee und Glätte sind das einzige, was mich beim Radfahren ausbremst – also an fünf bis sechs Tagen im Jahr. Vor ein paar Jahren gab es eine Periode, wo es fast -20° hatte – da war es wirklich an der Grenze, aber selbst dann bin ich gefahren. Ich ziehe dann eine lange Skiunterhose an, und ich habe eine super lange gute Jacke. Und das finde ich ganz wichtig. Außerdem auch Handschuhe. Und der Helm ist mir wichtig. Und mein Popowärmer, den habe ich lange gesucht. Die Ausstattung ist sehr wichtig für mich.

Rannveig mit Helm und Popowärmer beim Fahrrad

© Rannveig Braga-Postl

Was ist dein liebster Ausrüstungsgegenstand? 

Ich würde sagen, es gibt drei Ausrüstungsgegenstände, die mir besonders wichtig sind. Der Popowärmer ist wirklich mein liebstes Stück. Diesen Schafwollüberzug für meinen Sattel habe ich lange gesucht und letztendlich online gefunden. Das zweite ist mein Helm. Der ist ganz ganz ganz wichtig. Ich habe eine Zeit lang – durch den Fahrtwind – Probleme  mit meinen Augen gehabt. Und ich habe sehr lange nach dem richtigen Helm gesucht. Jetzt habe ich habe einen Helm mit Visier,  das nimmt mir wirklich den Fahrtwind. Das Visier liegt so perfekt über meiner Brille. Und er hat auch hinten ein rotes Licht, das blinken kann. Und der dritte Ausrüstungsgegenstand ist mein Regencape. Das ist ur lässig, dass es über den Lenker rüber geht und sich auch über meinen Rucksack rüber legt. Aber interessanterweise habe ich es nicht so oft gebraucht. Ein bisschen Regen macht mir als Isländerin nicht so viel aus.

Hast du das Regencape dann immer mit?

Also ich schaue eigentlich in meiner Wetter-App, wie das Wetter angesagt ist. Ich habe es eigentlich nur mit, wenn ich sehe das Regen angesagt ist.Und ich verwende es nur, wenn es wirklich arg regnet. Also wenn es ein bisschen tröpfelt, habe ich einfach eine gute Jacke. Dann kann es schon einmal passieren, dass die Hose nass wird. Das nehme ich dann hin. Denn mir ist einfach diese Freiheit, die ich verspüre, wenn ich auf dem Zweirad sitze, so wichtig.

Radeln mit Mann und Hündin Tinna

Seit wann fährst du in Wien mit dem Fahrrad?

Also meine Geschichte mit dem Fahrrad in Wien ist schon sehr lang. Eigentlich habe ich immer ein Fahrrad in Wien gehabt. Und das kommt eben durch meinen Mann, den ich relativ bald kennengelernt habe. Und er hat mir sehr bald ein gebrauchtes Fahrrad gekauft. Damals haben wir sehr viele Radausflüge gemacht. Auch im Studium bin ich teilweise mit dem Fahrrad gefahren. Irgendwann kam aber die Zeit, wo ich meine Kinder hatte. Das war die Zeit, wo ich nicht mehr so viel in Wien Fahrrad gefahren bin, sondern eher außerhalb von Wien. Wir hatten auch für unsere beiden Jungs Kindersitze für die Fahrräder, und so sind wir beim Neusiedlersee gefahren. Vor ein paar Jahren habe ich dann so richtig wieder begonnen, tagtäglich zur Arbeit zu fahren. Da hatte ich nach einer Schiverletzung sehr große Probleme mit dem Knie. Und mein Arzt hat mir empfohlen, dass ich regelmäßig Fahrrad fahren soll.  Das ist sicherlich weit über zehn Jahre her.

Wie ist das in deiner Familie? Fährt dein Mann auch viel mit dem Fahrrad?

Ja, mein Mann war Volksschullehrer und ist mittlerweile in Pension. Aber davor fuhr mein Mann wirklich tagtäglich 35 Jahre lang vom 17. Bezirk in den 20. Bezirk mit dem normalen Fahrrad. Tagtäglich bei jedem Wetter. Und auch jetzt fährt er alles mit dem Fahrrad, in Wien fährt er alles mit dem normalen Rad. Aber wir haben einen Zweitwohnsitz im Südburgenland, dort hat er jetzt mittlerweile seit zehn Jahren ein E-Bike. Mit dem fährt er auch kilometerweit, 20 km in die Therme und wieder zurück. Also das Fahrrad ist seine ganz große Passion.

Fährst du auch im Südburgenland?

Ja, das ist eigentlich der Grund, dass ich ein E-Bike habe. Dort ist es wirklich sehr hügelig, mit dem Fahrrad ein wirklicher Kraftakt. Früher ist mein Mann oft mit seinem E-Bike gefahren und ich war zuhause. Aber vor fünf oder sechs Jahren habe ich dort eine Gruppe von Menschen gesehen, die waren alle nicht so durchtrainiert sondern ganz normal, und die fuhren vor unserem Haus wie nichts den Berg hinauf. Danach habe ich einmal das E-Bike von meinem Mann ausprobiert und habe gedacht: Wow, das ist ja unglaublich! Ich muss treten, aber ich habe eine Unterstützung, sodass ich das bewältigen kann. Und seitdem habe ich eins und fahre auch viel damit. Wir haben nun auch einen kleinen Welpen, für die wir auch schon einen Korb fürs Fahrrad angeschafft haben. Ihr Name ist Tinna und sie hat einen wunderschönen Weidenkorb mit einem runden Gitter.

Wie war das beim ersten Mal, als sie mitgefahren ist?

Tinna ist ein gechilltes Tier, aber sie ist ein bisschen ängstlich. Wir haben zuerst das Fahrrad geschoben und ihr Leckerlis gegeben. Dann sind wir auch eine kürzere Strecke gefahren, aber mehr als 10 Kilometer haben wir noch nicht zurückgelegt mit ihr. Aber das wird sicher kommen. Ich glaube, dass man es ihr  einfach gemütlich machen muss. Sie braucht dann im Winter sicher auch ein Mäntelchen, weil sie keine Unterwolle hat. Dass sie am Bike mitfährt, war einer von den beiden Wünschen, die ich an meinen Hund hatte. Außerdem soll sie schwimmen können, weil ich die österreichischen Seen so liebe. Das kann sie mittlerweile, sie ist eine kleine Wasserratte.

Rannveig mit Tinna im Fahrradkorb

© Rannveig Braga-Postl

Radfahren ist Entspannung und ein wichtiger Weg für die Zukunft

Wie siehst du das Radfahren in Wien?

Das Fahrrad ist für mich in Wien das Transportmittel Nummer 1. Und in den letzten Jahren hat Wien in puncto Radwegen aufgeholt. Also mein Mann sagt immer, dass es dort, wo er früher illegal gefahren ist, mittlerweile überall Fahrradwege gibt. Wenn ich es mit vor 30 Jahren vergleiche, ist auch die Toleranz der Autofahrer unglaublich gewachsen. Außerdem kann ich eigentlich von zu Hause im 17. Bezirk bis zum 3. Bezirk, wo ich arbeite, großteils über Fahrradwege fahren. Die sind zwar noch nicht zu breit oder so optimal, aber Wien hat schon sehr viel aufgeholt in puncto Fahrrad.

Nach meinem Arbeitsschluss habe ich jeden Tag einfach das Gefühl, ich entspanne mich am Fahrrad. Also ich freue mich auf dem Weg mit dem Fahrrad. Das einzige, was ich finde, was man nicht mit dem Fahrrad sein darf, ist in Zeitnot oder in Stress. Man sollte lieber nicht mit dem Fahrrad fahren, wenn man zu spät dran ist. Ich neige dann dazu, zu schnell zu fahren, und da müsste ich extrem bremsbereit fahren, und da wäre ich für mich selber eine Gefahr. Oder für andere. Als Radfahrerin muss man ja oft die Fehler von anderen ausbügeln und immer sehr vorausschauend fahren. Das geht, wenn man im großen Zeitdruck ist, nicht so gut. Radfahren ist ein Gefühl von Freiheit, Entspannung, Selbstbestimmtheit. Das sind vielleicht Dinge, die in meinem isländischen Naturell schlummern. Aber das schlummert vielleicht in vielen.

Wie würde es dir gehen, wenn irgendwer sagen würde, dass du ab morgen du nicht mehr mit dem Fahrrad fahren darfst?

Also, das wäre ganz schrecklich für mich. Schrecklich, weil das Radfahren einfach so ein Teil meines täglichen Lebens ist. Ich sage nicht, dass ich in eine Depression fallen würde, weil ich gehe auch sehr gerne zu Fuß, aber es ist ein ganz großer Teil von mir. Darum habe ich auch immer ein Fahrrad besessen. Es gibt ja auch Menschen, die besitzen gar kein Fahrrad. Sowas ist für mich irgendwie unvorstellbar Ich hoffe, dass ich wirklich sehr, sehr lange Fahrrad fahren werde können. Warum nicht bis ins hohe Alter?

Was ich mir für Wien wünsche ist, dass sie die Radinfrastruktur noch mehr ausbauen. Und die Radwege könnten noch breiter sein, das ist eine Sache der Sicherheit. Und ich glaube, es ist ein total wichtiger Weg für die Zukunft. Also in einer Stadt. Denn sogar in Island, wo das Wetter ganz anders spielt als hier, sind mittlerweile die Fahrradwege sehr gut ausgebaut. Und viele Menschen fahren dort mit dem Fahrrad. Und ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass irgendwann eine Spur vom Wiener Ring gesperrt wird und wir dort mit dem Fahrrad fahren dürfen.

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