Christoph in Triest

Christoph: „Radfahren ist effizienter“

Christoph fährt seit ca. fünf Jahren mit dem Fahrrad in die Arbeit. Das sind für den 32-jährigen IT-ler vom Süden Wiens in die Wiener Innenstadt 15 Kilometer one-way. Aus dem „Zweckradfahrer“ (Selbstbezeichnung) wurde im Laufe der Zeit ein begeisterter Radfahrer. Im Interview hat er uns mehr über seine Leidenschaft zum Radfahren verraten.

Was ist ein Zweckradfahrer?

Mein Ziel ist es, den Arbeitsweg zu bewältigen und das auf möglichst effiziente Art und Weise. Ich bin nämlich ein Mensch, der versucht alles möglichst effizient zu gestalten. Früher bin ich mit dem Motorrad vom Süden Wiens ins Büro in der Innenstadt gefahren. Das war zeitlich gesehen sehr effizient, aber man braucht Sprit und es hat Implikationen auf die Umwelt. Daher habe ich mir irgendwann überlegt, wie ich diese Fahrzeit vernünftig nutze, um auch noch etwas für meinen Körper zu machen. Da war das Rad offensichtlich. So kann ich diese Stunde nutzen und gleich auch meine tägliche Bewegung machen.

Christoph bei einer längeren Tour

Christoph ist auch in der Freizeit mit dem Fahrrad unterwegs (© Christoph Hillebrand)

Wie lang ist die Strecke und wie lange brauchst du dafür?

Pro Richtung sind es knappe 15 km, also 30 km am Tag, was für mich ein ausreichendes Tagesworkout ist. Für die Strecke brauche ich gute 40 Minuten – natürlich kommt’s in der Stadt immer drauf an, wie man die Ampeln erwischt. Ich hab’s schon einmal in 37 Minuten auch geschafft, aber da hab ich schon richtig reinhauen müssen. Am Anfang bin ich mit meinem alten Mountainbike gefahren, aber das ist relativ bald uninteressant geworden. Seit drei Jahren habe ich ein Gravel Bike. Als ich mich da drauf gesetzt habe, wusste ich, dass das genau meins ist. Einerseits von der Kraft, die man mit dem Ding auf dem Boden bringen kann. Und andererseits gibt’s in meiner Wohnumgebung am Stadtrand ein paar Radwege, die nicht asphaltiert sind – dort fühlt sich mein Radl richtig zu Hause.

Eine fixe Strecke für den Arbeitsweg

Wie hast du am Anfang deine Route gefunden? Und hast du sie im Laufe der Jahre optimiert?

Die ersten Male habe ich nicht in 40 Minuten geschafft, da habe ich eher 1 Stunde 20 Minuten gebraucht, weil ich mit dem Navi gefahren bin und mir mal angesehen habe, wo es überhaupt gute Radwege gibt. Damit hatte ich mich nicht auseinandergesetzt, bevor ich zum Radfahren in Wien begonnen habe. Man kommt aber relativ schnell drauf, dass das Radnetz eigentlich schon ziemlich gut ausgebaut ist. Es gibt natürlich immer wieder einmal Abschnitte, wo man auf der Straße fahren muss oder viel Verkehr neben einem ist. Aber eigentlich ist’s insgesamt schon ziemlich gut ausgebaut.

Optimiert habe ich die Strecke ab und zu, wenn es Baustellen gab. Dann bin ich deshalb auf eine andere Strecke ausgewichen und manchmal dabei geblieben. Ich fahre z.B. hin ein bisschen anders als zurück. Die ganze Strecke ist schon sehr automatisiert und gut abgespeichert. Und das finde ich auch gar nicht so schlecht, weil man dadurch natürlich auch die Gefahrenstellen gut kennt. Zum Beispiel ist die Flurschützstraße auf meiner Strecke der schlimmste Abschnitt. Dort verläuft der Radweg von der Fahrbahn durch ein paar Bäume und Büsche getrennt. Wenn dort Autos in die Seitengassen abbiegen, schauen deren Fahrer einfach oft nicht. Am Fahrrad muss man dort absolut defensiv fahren. Und weil ich dort jedes Mal in die Arbeit fahre, weiß ich natürlich, wo ich genau aufpassen muss. Deswegen bin ich eigentlich ein Fan davon, in Wien auf meiner fixen Strecke zu bleiben.

Auch mal mit dem Einrad

Verwendest du das Fahrrad nur für den Arbeitsweg oder sonst auch?

Ich bin als Zweckradler eingestiegen, habe das Rad aber auch immer mehr in der Freizeit genutzt. Irgendwann habe ich mir dann gedacht: Wenn ich 15 km ins Büro fahre, kann ich auch die Wege in der Freizeit mit dem Rad fahren. Also fahre ich jetzt auch zu Familienbesuchen mit dem Rad und auch gerne mal längere Strecken, also wo der Weg das Ziel ist. Im September bin ich z.B. in vier Tagen mit vollem Gepäck nach Triest gefahren. Das war auch eine coole Geschichte. Und ich fahre nicht nur Zweirad, sondern auch Einrad. Mit meinen drei Einrädern fahre ich mittlerweile viele der Zweckstrecken in der Freizeit, weil’s mit dem Zweirad schon zu fad ist.

© Christoph Hillebrand

Was sind denn so Zweckstrecken, die du mit dem Einrad fährst? Einkaufen ums Eck?

Eher die Familienbesuche. Beim Einkaufen: In die Apotheke geht, oder auch um das Frühstückssemmerl am Sonntag. Aber das 6er Tragerl Mineralwasser ist mit dem Einrad eher eine Herausforderung. Ich fahre mit dem Einrad, um von A nach B zu kommen, zum Verein zu fahren oder eben Leute zu besuchen. Voraussetzung ist: Es muss Zeit sein, denn mit dem Einrad bin ich schon deutlich langsamer und bekomme nicht das Riesentempo hin.

Ein rad- und sportaffines Büroumfeld

Da du deinen Arbeitsweg bei fast jedem Wetter fährst, hast du eine spezielle Ausrüstung? 

Eine komplette Regengarnitur. Die ist in der Übergangszeit in meiner Satteltasche drin. Also vom Regenüberzug für den Helm über Jacke und Hose bis hin zu Gamaschen für die Schuhe. Wobei ich letzere noch nie gebraucht habe, aber ich führe sie mit mir herum. Die Temperatur, und daraus folgend das Gewand, kann man eh abschätzen – je nach Jahreszeit eben. Und wenn es regnet, kommt halt dann das Plastik drüber. Damit komme ich eigentlich gut aus.

Wie reagiert dein Umfeld, wenn du von deinem Arbeitsweg erzählst? Halten sie dich für verrückt oder sind sie begeistert?

Jene, die ganz weit weg sind vom Sport, denken sich wohl ihren Teil, aber sie haben sich mittlerweile auch daran gewöhnt und wissen, dass ich auch wesentlich weitere Strecken mit dem Fahrrad fahre. Im Büro haben wir ein sehr sportliches Team. Eine Zeitlang waren unsere Arbeitsplätze in einer großen Halle und da haben wir immer unsere Räder mit hinein genommen. Das hat fast ausgesehen wie im Radgeschäft: die Räder aufgereiht, eins schöner als das andere. Im Büro ist demnach natürlich ein großes Verständnis fürs Radfahren da. Durch so ein Umfeld pusht und motiviert man sich auch gegenseitig!

Räder in Christophs Büro

Räder in Christophs Büro (© Christoph Hillebrand)

Du hast jetzt oft vom Radfahren als Sport gesprochen. Hängt das für dich so klar zusammen? Du hattest am Anfang unseres Gesprächs auch davon gesprochen, dass das Fahrrad ein effizientes Mittel ist, um von A nach B zu kommen.

Ich habe gesagt, dass ich Zweckradler bin. Sport zu machen ist auch ein Zweck. Effizient und zeitsparend von A nach B zu kommen, ist auch ein Zweck.

Du bist also doppelter Zweckradler? 

Eigentlich ja.

Weiter als man glaubt

Wenn jetzt ein Arbeitskollege sagt, dass er auch gern mit dem Radfahren anfangen möchte, aber nicht weiß, wie er losstarten soll. Was würdest du der Person raten? 

Such dir eine Strecke, die du gerne fährst und beginn dort! Wichtig ist auch, dass du dann regelmäßig fährst, damit sich ein Trainingseffekt einstellt,du Fortschritte siehst und es bald keine Plagerei mehr ist. Außerdem würde ich sagen, dass es wichtig ist, dass man ein Fahrrad hat, mit dem man Freude hat. Es ist einfach ein Unterschied, wenn ich das Fahrrad anschaue und mir denke: “Wow, es ist schön, dass ich mich auf dich drauf setzen kann!”

Ein Erfahrungswert, den ich außerdem für Leute mitgeben würde, die nicht Rad fahren: Man unterschätzt, wie weit man mit dem Fahrrad eigentlich fahren kann, auch wenn man nicht wahnsinnig trainiert ist. Auch für mich waren am Anfang Strecken von 15 km gedanklich weit. Und dann fährt man ein paar Wochen, und es wird das Normalste und voll easy, weil das Rad ja auch vom Kraftaufwand her ein sehr effizientes Vehikel ist. Über Land dauert es mit dem Fahrrad dann ein bisschen länger als mit dem Auto, aber in der Stadt ist da kein großer Zeitunterschied und ich habe mich dabei auch noch körperlich betätigt, also die Zeit effizient genutzt.

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