Zum Glück auf dem E-Lastenrad

Wiens Rauchfangkehrer:innen setzen immer häufiger auf umweltfreundliche Mobilität. Wir haben mit Martin Bandera, Rauchfangkehrer in 5. Generation, übers berufliche und private Transportfahrrad-Fahren geplaudert.

Wie lange arbeiten Sie schon als Rauchfangkehrer?

Martin Bandera: Ich hab das Geschäft 2011 von meinem Vater übernommen. Wir sind in der 5. Generation Rauchfangkehrer. Die Familie Bandera kommt ursprünglich aus dem Tessin und hat in Wien in eine Rauchfangkehrer-Familie eingeheiratet. Und seitdem gibt es die Rauchfangkehrer Bandera in Ottakring.

Ihr Unternehmen ist umweltzertifiziert. Was bedeutet das?
An und für sich heißt das, dass die Betriebe tunlichst so umweltfreundlich wie möglich betrieben werden sollten. Beispielsweise wird mit Biogas geheizt und Ökostrom bezogen, das Büro wird mit LED beleuchtet, man achtet darauf im Bürobetrieb wenig Papier zu verbrauchen, Müll wird getrennt gesammelt und recycled. Das ist ja nicht so schwer.

Wiener Rauchfangkehrer Martin Bandera und Kollege mit ihren E-Lastenrädern. Foto: PID/Votava

Die Rauchfangkehrer:innen lassen sich seit 2010 den Schutz von Menschen und Umwelt mit einem Nachhaltigkeitsbericht belegen. Viele der Betriebe nehmen an einem Zertifizierungsprogramm teil, dessen Ergebnisse im regelmäßig erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht münden. Mehr dazu auf www.rauchfangkehrer-zert.at

Der Schritt vom umweltbewussten Unternehmertum zum E-Lastenrad: hängt das zusammen? Oder gab es andere Gründe dafür, dass Sie als Unternehmer, in Ihrer täglichen Arbeit mit einem E-Lastenrad unterwegs sind?

Das erste Lastenrad habe ich schon gehabt, als erst noch angedacht wurde, dass die Wiener Rauchfangkehrer sich umweltzertifizieren lassen.
Wir betreuen viele Häuser im 16. Bezirk, in der Brunnenmarkt-Gegend. Das Parkpickerl gab es noch nicht, entsprechend wenige Parkplätze. Ich habe mir damals gedacht, man muss da auch mit dem Rad hinkommen. Wenn man einmal die Grundausstattung eines Rauchfangkehrers gesehen hat, wird man wissen, dass es für ihn nicht so einfach ist mit einem „normalen“ Fahrrad zu fahren – daher hat sich das Lastenrad angeboten. Und da habe ich mir vor etwa 9 Jahren eines geleistet. Das hatte allerdings keine versperrbare Kiste. Ich hab dann eine extra Kiste gebaut, die ich im Lastenrad fixiert habe. Dieses Lastenrad nutze ich jetzt privat.

Das Firmen-Lastenrad, dass ich vor 2 Jahren gekauft habe, ist da wesentlich besser ausgestattet – mit versperrbarer Kiste. Das Angebot an Lastenrad-Typen in Wien ist mittlerweile auch schon viel besser geworden.

Was ist denn das Equipment, dass man als Rauchfangkehrer so transportieren muss?

Wenn es rein um die Kehrtätigkeit geht, hat man eine sogenannte Stoßbürste auf einer Kunststoffrolle, die ist zwischen zwölf und 18 Meter lang. Die ist zum Kehren vom Dachboden bis zur Mündung, sozusagen. Und dann hat man noch eine Kugel und Leine. Das ist die Grundausstattung zur Überprüfung. Meistens hat man noch ein oder zwei Messgerät mit. Eine Kamera, was zum Schreiben. Es sammelt sich halt … und dann ist ein Lastenrad auch schon voll.

Wie reagieren denn die Leute auf einen Rauchfangkehrer am Lastenrad?

Ich bin ja aus dem 22. Bezirk, Stadlau und bin oft von daheim mit dem Rad zivil in die Firma in den 16. Bezirk gefahren. Da wurde ich größtenteils – ich würd einmal sagen von 80 % der anderen Radfahrer und Autofahrer eher geschimpft. Vor allem dort, wo man auf der Straße fahren muss, weil der Radweg zu schmal für ein Lastenrad ist. Es gibt ja einige zu schmale Radwege, deswegen fahr ich auf der Straße, ich möchte ja die anderen Radfahrer nicht aufhalten. Da wird man von den Autofahrern beschimpft. Aber das ist ja generell ein Problem. In zivil und nicht gebrandet waren die anderen mir als Lastenradfahrer gegenüber also eher negativ eingestellt.

Seit das Lastenrad gebrandet ist, also quasi als Einsatzfahrzeug erkennbar ist, ist es eher umgekehrt. Es beschwert sich kaum wer, auch nicht die Autofahrer. Weil Glück will man ja dann vielleicht doch haben und daher sind die Reaktion dann eher positiv. Wenn man in Uniform fährt, dann erst recht. Dann wird das nur positiv gesehen. `Jö, schön, Rauchfangkehrer auf dem Rad!´
Dabei gibt es genug Rauchfangkehrer, die mit dem Rad fahren. Im 1. Bezirk sind eigentlich alle mit dem Rad unterwegs.“

Was würden Sie sagen sind die Nachteile, was sind die Vorteile eines Lastenrads?

Ein Lastenrad braucht Platz. In der Nacht auf der Straße stehen lassen, tut man’s nicht so gern. Jetzt kommt man aber in eine normale Hauseinfahrt gar nicht so leicht rein. Unsere zum Beispiel ist zu schmal. Ich muss das Tor zum Hof öffnen, das heißt ich musste mir von der Hausverwaltung einen Zugang holen, damit ich das Tor überhaupt öffnen kann. Aus Brandschutz- und Fluchtweggründen darf ein Rad drinnen im Stiegenhaus nicht stehen. Man braucht also einen Platz im Hof, wo man es abstellen kann. Das Platzthema ist etwas, das generell in Wien in den Kinderschuhen steckt. In den Altbauten vor allem. Man könnte vorschreiben, dass in Erdgeschossen – statt leerstehenden Lokalen – Fahrradräume gebaut werden.
Während wir bei einem Einsatz sind, ist das kein Problem, da bleibts auf der Straße stehen, aber sonst. Platz für Räder und Lastenräder zu schaffen, wär auf alle Fälle wünschenswert.

Das Positive ist man kann – gerade im Einsatz – überall hinfahren und ist gleich in der Nähe. Und man bewegt sich, bleibt gesund. Das Immunsystem wird abgehärtet.

Und das muss ich auch sagen, gerade mit dem Lastenrad – man kann im Winter ohne weiteres fahren. Ich bin schon bei zehn, 15 Zentimeter Schnee gefahren. Dadurch, dass mein Lastenrad ein Drei-Rad ist, ist das überhaupt keine Schwierigkeit. Man kann seitlich nicht wegrutschen, das ist wirklich optimal als Ganzjahresfahrzeug.

Jetzt wissen wir schon, dass Sie privat und beruflich viel mit dem Lastenrad unterwegs sind. Wie bewegen Sie sich außerdem durch die Stadt?

In der Firma haben wir 3 Elektroautos. Privat habe ich auch noch einen Transporter – den hab ich hauptsächlich, um meinen Anhänger zu ziehen. Das Auto steht eigentlich 80–90 % der Zeit, wird also hauptsächlich am Wochenende und im Urlaub verwendet. Unter der Woche fahren wir – meine Familie und ich – mit den Öffis, aber hauptsächlich mit dem Rad. Jetzt gibt’s grad ein Griß ums Lastenrad. Meine Frau ist Lehrerin, die fährt in die Schule damit und ich muss dann mit den Kindern öffentlich zum Kindergarten fahren. Aber ein zweites Lastenrad daheim, das wird dann schon ein bissl eng. lacht

Meine Frau hat ein Fahrrad, aber sie fährt lieber mit dem Lastenrad. Weil das ist praktisch, da kann man seine Sachen reinlegen, die man für die Schule braucht, sie bleiben trocken und man muss keinen Rucksack tragen.
Da fällt mir ein: man glaubt’s vielleicht nicht aber, wenn man auf dem Lastenrad das Verdeck drauf hat, wird man beim Regen nicht wirklich nass. Das ist ein super Schutz.

Haben Sie noch ein Anliegen, etwas zum Radfahren, dass Sie loswerden möchten?

Es braucht mehr und breitere Radwege! Besonders wenn ich mit den Kindern unterwegs bin, fällt mir das auf. Die fragen dann ´Papa, warum ist der Radweg plötzlich aus?` Zu Kinderspielplätzen muss man doch mit dem Fahrrad kommen können.

Informationen zur Transportfahrrädern und Fördermöglichkeiten Sie hier: Transportfahrräder in der Stadt

Innungsmeister KommRat Christian Leiner, Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky, Rauchfangkehrermeister Martin Bandera (v.l.n.r.), Foto: PID/Votava

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